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Der tote Fisch und das Mädchen

       copyright: © Ela Mandel, Oktober 2o12

Beim Anblick eines Fotos von einem Teller-Gericht am Freitag.


     Als er kam, der Tod,
     da hatte sich das Mädchen gerade eben etwas hingelegt.
     Denn ihr war schon seit Stunden so seltsam.
     Zu Mittag hatte sie noch lachend gespeist.
     Und nun, am frühen Abend, zwang eine Schwäche sie nieder.
     Komisch.

     So fand der Tod sie schlafend.
     Er stand eine Weile an ihrem Lager und betrachtete sie.
     Nicht ohne Begierde.

     Das Mädchen seufzte,
     dass sie träumte, das sah selbst der Tod.
     Sie träumte, im silbrigen Kleid durchs Wasser zu ziehen,
     flink und schwerelos, wie ein Fisch.

     Doch das Wasser im Traum wurde trübe. Und träge sie selbst.
     Und ihr Kleidchen, es war nicht mehr silbrig und blau
     sondern gallig und grau.
     Im Innern, da fühlte die Maid sich verdorben,
     fast wie der Fisch heute Mittag zu Tisch.

     Doch träumt ein Mädchen von einem feuchten Fisch,
     der ihr lockend erscheint - und doch widerlich,
     so jedenfalls steht es im Buch der Bedeutungen,
     dann träumt es verschwommen vom Liebes-Verlangen.

     Nun ist der Tod ja auch nicht blöd.
     Er kennt solche Bücher, ist kundig jeder Deutung,
     denn er schreibt und verlegt sie und trägt sie selber aus.

     Also schlich der Tod selbst
     sich in den Traum des Mädchens.
     Als Fischer.

     Just im verderbtesten Moment warf er sein Netz,
     und das Mädchen, es ging ihm voll Sehnsucht hinein.
     Begehrend zuerst, dann ringend und sich wehrend.
     So fand sie den Tod.
     Im Traum.

     Als sie erwachte, war ihr wieder besser.


Ela Mandel

Lebt in Blankenese und reimt verträumten Käse.


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