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Die Anfänge Roms

copyright: © Gerhard Zimmermann, April 2o14

I.
     Romulus und Remus waren
     bei Geburt noch jung an Jahren;
     wehrlos und allein gelassen
     auf dem Tiberfluß, dem nassen,
     hätten sie ihr junges Leben
     fast gleich wieder abgegeben,
     hätte nicht in dunkler Nacht
     eine Wölfin treu gewacht,
     die den Zwillingen im Schilfe
     leistete die nöt´ge Hilfe.
     Selber junge Welpen habend,
     nun auch Menschenkinder labend,
     sehn wir auf berühmtem Bild,
     wie sie diese Buben stillt,
     und - gestillt - dann sorgsam bettet,
     kurz: die beiden sind gerettet.

II.
     Wir sollten hier gleich aufbereiten,
     wie´s kam zu solch Verlegenheiten:
     Die Götter damals - ja so war´s -
     war´n manchmal schwach, und so auch Mars.
     Der hatt´ mit der Momentgemahlin,
     der Rhea Silva, der Vestalin,
     im Rausch die junge Brut geordert;
     kaum auf der Welt - schon überfordert -
     rief Mars: "Ich kann die beiden Gören
     und ihr Geschrei schon nicht mehr hören.
     Ich will mit diesen lauten Knaben
     im Leben nichts zu schaffen haben" -
     sprach´s und entzog, man glaubt es nicht,
     sich schnellstens der Beschützerpflicht.

III.
     Fort war der Mars, da naht ein Schlimmer,
     der Mörder von dem Frauenzimmer -
     Amulius tritt auf den Plan,
     verfolgt von rüdem Herrscherwahn.
     Der war im wahrsten Sinn der Worte
     ein Unmensch der gemeinsten Sorte.
     Er hatte Rheas Vaters Macht
     brutal in seine Hand gebracht
     und dachte dann: "zum Machterhalt
     stellst Du den Rest der Sippe kalt" -
     befahl den Mannen zu dem Zwecke,
     daß Rhea kinderlos verrecke,
     sie in ein Kloster zu verbringen
     und als Vestalin zu verdingen.
     Doch konnt´ sein Plan es nicht verhindern,
     daß Mars sie segnete mit Kindern.
     Egal - nun war das Unglück da,
     wo sie den Mars und (somit) Schutz los war.
     Gleich schien´s Amulius vonnöten,
     nun alle drei ganz flugs zu töten.
     Er ließ die junge Frau erschlagen
     und ihre Jungs zum Tiber tragen.
     So kam´s, daß diese - wie beschrieben -
     laut heulend auf dem Tiber trieben.

IV.
     Indes die Rhea - welche Sage ! -
     sie lebte - trotz prekärer Lage.
     Sie war zu diesem Zeitpunkt bloß
     ihr kleines Menschenleben los.
     Ihr war noch mal ein neues Leben
     zur Aufzucht ihrer Jungs gegeben.
     Wer also dort am Tiber stand,
     war Rhea - nur im Wolfsgewand !

V.
     Der Tiber nun hat ein Erbarmen,
     er kotzt die Kinder aus, die Armen,
     und bringt sie auf ´ner Welle dar,
     wo Rhea grad zur Stelle war.
     Die schließt die Jungs in ihre Tatzen
     und müht sich sehr, sie nicht zu kratzen.
     Die Buben haben ganz gerührt
     sofort die Wölfin akzeptiert,
     gab sie doch reichlich jedem Knilch
     wie seine Mutter ihre Milch
     und lehrt dabei an prallen Zitzen
     die Jungs auch noch das Aufrecht-Sitzen.
     Die Wölfin konnte so im Stillen
     ihr großes Lebenswerk erfüllen.
     So kann man wieder einmal sehn,
     wie Dinge auch mal glücklich gehn.

VI.
     Die Zeit ging weiter, panta rhei,
     bald war das Stillen auch vorbei,
     da spürte sie, man müsse scheiden,
     sie war halt doch nicht wie die beiden.
     Denn - was die Wölfin härmen sollte,
     daß keiner wölfisch lärmen wollte,
     sie heulen und sie bellen nicht
     und tragen auch kein Wolfsgesicht -
     dies trieb die Wölfin zu dem Schluß,
     daß, wenn´s nicht geht, man gehen muß.
     Den Buben selbst war ihrerseits
     der Heulton gänzlich ohne Reiz,
     verstanden auch die Wölfin nie,
     wenn sie sich freute, heulte sie ! -
     und schlimmer noch - es war zum Brechen -
     sie konnte nicht wie Menschen sprechen...
     all dies, das mußte unsren Drein
     zum Schluß der Grund zum Abschied sein.

VII.
     Das Nest wird kalt, man sieht sich um
     und trifft den guten Faustulum,
     auf daß der Mann, ein weiser Hirte,
     sie streng erziehe und bewirte.
     Der bringt den Jungs, das mußte sein,
     das Sprechen bei, das heißt Latein;
     so sprach man dort in den Regionen,
     wir kennen´s aus den Schullektionen.
     "O, Reme et o, Romule,
     id est inprehensibile !"
     Der Geist, den man für beide rief,
     benutzte stets den Imperativ.
     Sie mußten pauken wie die Wilden,
     um sich für Rom und sonst zu bilden,
     und wurden lupenrein geschliffen,
     bis endlich sie Latein begriffen.
     Zum Schluß mit höchstem Lob bedeckt
     summa cum laude - man war perfekt.

VIII.
     So wuchsen beide boys heran,
     zum Schnösel erst und dann zum Mann.
     Schon sah man sie nach Mädchen schielen,
     die ihnen immer mehr gefielen.
     Und plötzlich blieb der Remus stehn -
     Rema hatt´ ihn angesehn !
     Auch Romulus sah eine Dame,
     ja ! - Romula, so war ihr Name !
     Sie schaut´ sich um - ganz irritiert,
     vom Donner er und Blitz gerührt
     sieht er ihr Auge wiederum,
     und wie sie blickt, das haut ihn um.
     Die Herzen haben still getobt -
     .......man ist dann, wie man weiß, verlobt.
     Wir sehn hier: für das große Glück
     braucht´s oft nur jenen Augenblick.

IX.
     Hier enden meistens die Geschichten:
     "Sie kriegen sich", was noch berichten ?
     Doch halt ! Zum einen wissen wir:
     die Gründung Roms stand vor der Tür;
     dies ist gewiß berichtenswert,
     nach dem, was man so liest und hört.
     Zum andren wüßt man doch zu gern:
     "wie ging´s den Damen mit den Herrn ?"
     Wer hätt´ nícht Lust, das Glück zu schildern
     in frohen und bewegten Bildern,
     wie Amor sie zusammenbindet,
     wie man sich sucht und man sich findet,
     und sich auf Liebesflügeln hebt,
     und über sieben Hügeln schwebt,
     wie man voll Glück am Tiberstrand
     sich Hand in Hand gern wiederfand -
     da ahnt man, wie die Dinge gehn,
     diskret sollt´ man beiseite sehn,
     wie schließlich Meister Adebar,
     der völlig aus dem Häuschen war,
     als man in Tiberniederungen
     sich traf zu Lieb´erwiederungen -
     et cetera et cetera...
     und bald war dann auch Nachwuchs da.

X.
     Daneben wuchs in Romulus
     der welthistorische Entschluß,
     nun endlich diese Stadt zu gründen;
     er mußte nur noch Maurer finden,
     die Stein auf Stein die Mauer bauen
     dem Feind zum Schreck, zum Schutz der Frauen.
     Doch wollte er so lang nicht warten,
     Rom mußte jetzt und sofort starten !
     So schritt er, wie vom Wahn gepackt,
     auch ohne Wall zum Gründungsakt.
     Mit einem Hölzchen schlicht-banal
     zog er den Strich ums Areal.
     Den Menschen, die das sah´n, war klar,
     daß dieser Strich die Mauer war;
     nur Remus nicht, der fragt den Bruder
     so recht frivol: "Was machst denn Du da ?
     Da kann ja jeder drüber springen,
     um in Dein liebes Rom zu dringen -
     mein König, Du - ich glaub, Du spinnst",
     und hat dabei noch blöd gegrinst.
     Der Romulus schoß in die Höh´ -
     so wütend sah man ihn noch nie.
     "Komm, halt Dein Maul, ich warne Dich,
     und geh nicht über diesen Strich,
     Wenn Du jetzt springst, Du wirst es sehn,
     dann wird's wie jedem Feind Dir gehn".
     Doch Remus hörte nicht und dann
     setzt lachend er zum Sprunge an.
     Es ging so schnell - o weh und ach -
     kaum sprang er hoch, lag er schon flach.
     Man hatte ihm ein Bein gestellt,
     und prompt ist er am Stein zerschellt.
     So war der erste Feind geschlagen
     "und Rom begann" - könnt man fast sagen ! ?

XI.
     Doch - was begann, was war schon Rom ?
     Ein kleines Nest am Tiberstrom,
     hier eine Hütte, da ein Stall
     und sehr viel Gegend überall.
     Man sieht viel Schafe, Rinder, Ziegen
     teils weiden, teils auf Weiden liegen.
     Auch Menschen gab´s, doch viel zu wenig
     für diesen Ort mit einem König.
     Genau genommen fehlten Frauen;
     man wollte doch ein Weltreich bauen,
     und hierbei - weiß schon jedes Kind -
     wie unersetzlich Frauen sind.
     Und diesen Mangel galt es eben,
     mit Macht schnellstmöglich zu beheben.
     Doch erst einmal verstrich die Zeit
     in tumber, träger Schläfrigkeit.

XII.
     Nicht so für unser Liebespaar,
     für Romulus und Romula.
     Es trieb sie um und immer wieder
     kam Romula mit Kindern nieder.
     Dem Romulus kam Kindersegen
     ls Städtegründer sehr entgegen.
     Er rief: "Die Zukunft unsrer Stadt
     liegt in der Jugend, so man hat.
     Ihr Männer, schafft Euch Frauen an,
     daß unsre Stadt schnell wachsen kann."
     "Du hast gut reden, hast ja mich",
     schimpft Romula, "ich bitte Dich,
     sieh Dich mal um, beschau´ doch nur
     hier die Bevölkerungsstruktur.
     Du wirst und kannst es nicht bestreiten:
     es fehlt an jungen Weiblichkeiten.
     Es gab bisweilen schon Gerangel
     nur wegen diesem Frauenmangel.
     Sieh unsre Hirten, unsre Bauern,
     man kann sie wirklich nur bedauern,
     wie sollen sie Familien gründen,
     wenn sie hier keine Frauen finden ?"
     Er ruft: "Es ist doch kaum zu glauben,
     dann soll`n sie eben fremde rauben !"
     Sie lacht verschmitzt: "Du hast ja recht,
     zumindest wär´ der Gag nicht schlecht;
     wenn Deine Mannen sich nur trauen
     zum Spiel, das heißt: `wir klauen Frauen`.
     Ich hab´ von einem Ort gehört,
     da ist der Mangel umgekehrt,
     dort gäb´s kaum Männer, welch ein Grauen,
     doch viele, viele junge Frauen.
     Sabine war´s, sprach von Sabinien,
     dem hübschen Fleck mit ein paar Pinien.
     Die Mädchen dort sei´n hold und schön
     und würden manchen Spaß versteh´n,
     sie würden sich, man kann´s nicht fassen,
     im Spiele sogar rauben lassen
     von jungen Herrn auf großem Fest -
     du meinst, daß sich das machen läßt ?
     Dann schick die Mannen nur von hinnen,
     zu minnen die Sabinierinnen !"

XIII.
     Der Rat an ihren Romulum
     sprach sich natürlich schnell herum
     und daß er als ein kluger Gatte
     nichts gegen ihren Vorschlag hatte.
     Und irgendwann in jenen Tagen,
     ich kann es nicht genauer sagen,
     da zog man teils mit Lampenfieber,
     teils auch mit Raublust fort vom Tiber.

XIV.
     Wir könnten jetzt den Streit beginnen
     vom Raube der Sabinerinnen:
     Man sagt, daß sich die holden Damen
     nicht wehren konnten, ach die Armen,
     und daß die Herrn mit roher Kraft
     die Mädchen mit nach Rom geschafft .....-
     war´s wirklich Raub, schnöde Gewalt ?
     war man nicht schlicht nur durchgeknallt ?
     warn´s nicht vielleicht Naturgewalten,
     die lustvoll aufeinanderprallten ?
     weil - Amor lenkte jenes Spiel;
     denn schnell kam man ans Reiseziel.
     Kaum angekommen auf dem Markt,
     wo man mit Pferd und Wagen parkt,
     da spürten gleich die Römerhorden:
     "Man war hier schon erwartet worden !"
     Ein rechtes Treiben gab es dort,
     die schönsten Mädchen aus dem Ort,
     die gaben mit Gesang und Tanz,
     dem Augenblick besondren Glanz.

XV.
     "Ach, Augenblick !! " - was hörn wir hier ?
     Den Augenblick, den kennen wir.
     Und so geschieht, was kommen muß:
     ein kecker Blick, ein erster Kuß -
     das war präzise der Moment,
     wo Amor kein Erbarmen kennt,
     er zieht die Pfeile noch und nöcher
     in Windeseile aus dem Köcher,
     spannt stramm den Bogen, zielt genau
     und trifft im Wechsel Mann und Frau.
     Wer schüchtern war, bekam jetzt Mut,
     und Raublust wich der Liebesglut.
     Wo man zuerst noch einzeln stand,
     ging man jetzt plötzlich Hand in Hand,
     und als das Fest zu Ende war,
     verschwand man leise, Paar um Paar
     und fand sich zwanglos wieder ein
     in Rom - in einem Tiberhain.

XVI.
     Entsetzlich wie die Eltern fluchten,
     als sie nach ihren Töchtern suchten !
     Man sprach von Raub, so sahn´s die Alten,
     und das hat sich bis heut gehalten.
     Doch bald - die Mütter ahnten´s schon -
     kam Töchting mit dem Schwiegersohn;
     man hatte sich mit ihren Helden
     vergessen, schlicht nur abzumelden.
     "Ihr könnt Verzweiflung, Wut und Schrecken
     getrost an Euren Hut Euch stecken,"
     so sangen fröhlich unsre Jungen,
     bis auch die Alten mitgesungen.
     Jetzt kann man sagen: "Rom begann" -
     zog bald die Welt in seinen Bann.

     Es grüßt Euch
                    Gerhard Zimmermann.

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copyright © Gerhard Zimmermann, April 2o14
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Gerhard Zimmermann

Historisch genauer Balladen-Erbauer.


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