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Perspektiven eines Hundes
    und dessen Wunsch, eine Giraffe zu sein

       copyright: © W. "Atze" Altekrüger, November 2o12

Welcher Umstand hat mich bewogen, diese Betrachtung anzustellen? Ein Gang über den Markt!
 
Aber was heißt schon Gang, man geht ja gar nicht! Man macht einen Schritt oder zwei Schritte vorwärts, um dann vor einem Hindernis halt zu machen, oder man wird gestupst, geschoben oder angerempelt. Ein Gehen ist es jedenfalls nicht, eher ein Stolpern und damit auch kein Gang!
 
Waren Sie schon einmal in Hamburg auf einem Weihnachtsmarkt, wissen Sie ihn von einem Alstervergnügen oder einem Stuttgarter-Weinfest zu unterscheiden? Ich kann es nicht, für mich sind alle gleich. Gut, die Jahreszeit bestimmt den Grad der Helligkeit oder der Dunkelheit, ansonsten sehe ich keinen Unterschied, rieche auch keinen!
 
Ich nämlich bin ein Hund, ein Berner Senn- Deutscher Schäferhund-Mix, also gar nicht so arg klein und kann mich in meiner und Frauchens Umgebung ganz gut behaupten. Mein Kopf befindet sich eigentlich immer deutlich oberhalb von Frauchens Kniehöhe, wenn ich nicht gerade meine Schnauze am Boden habe, weil es dort so herrlich duftet.
 
Ich werde regelmäßig auf einen solchen Markt mitgenommen, Frauchen meint wohl, dass es mir ein gleiches Vergnügen bereiten würde, wie ihr. Aber das ist nun leider gar nicht der Fall, obwohl Jozef Topal von der Ungarischen Akademie der Wissenschaft behauptet, dass immer mehr Hinweise die Ansicht stützen, Hunde und Menschen hätten einige soziale Fertigkeiten gemeinsam!
 
Ich liebe den mehrfachen täglichen Auslauf in der freien Natur, wenn man die wenigen, so genannten Hundeauslaufzonen so nennen kann. Ich liebe es, zusammen mit dem aufdringlichen Rambo, dem majestätischen Moritz, der verspielten Alma, der lieben Asia und den anderen meiner "Rotte" einem Ball nachzujagen oder die Spur eines Fuchses zu verfolgen.
 
Aber einen Stadtgang, den liebe ich gar nicht, und einen Gang über den Weihnachtsmarkt und die übrigen gleichen Märkte schon erst recht nicht!
 
Meine empfindliche Nase dient der Orientierung, auch ohne Sicht und signalisiert mir die Information über den Markt wie folgt: Bratwurststand, dann ein Übergang, z. B., Stand mit Kerzen, danach Kartoffelpuffer, dann wiederum ein Übergang, z. B., Nussknacker, dann wiederum ein Fressstand usw.
 
Frau Dr. B. Rüschoff, die eine Praxis mit Schwerpunkt Verhaltensprobleme betreibt und von der Intelligenz von uns Tieren überzeugt ist, meint, dass Hunde sehr wohl merken, wenn man sie böse anstarrt oder freundlich anschaut.
 
Aber wie soll das nun auf einem Marktgang vor sich gehen? Wer sieht mich an, wen sehe ich an? Ich sehe doch höchstens die Kniekehlen meiner Mitmenschen!
 
Und was sehe ich noch?
 
Nun ja, die Beine, betucht, bestrumpft oder gar unbekleidet: Insgesamt eine nicht immer erstrebenswerte Aussicht, selbst nicht bei hübschen Damen; mir sind die Dackelbeine meines Artgenossen Rambo auch lieber!
 
Ich sehe die an jeder Bude abgestellten Abfalleimer; ein gezielter Wurf, und der Abfall ist drin. Manchmal jedoch auch nicht, und dann liegt da so ein leckeres Pommes-Stäbchen direkt vor meiner empfindlichen Nase. Ich spüre den natürlichen Zwang, diesen Gegenstand zu fressen, nur Frauchen darf es nicht bemerken! Und da sind auch noch die lieben Kleinen, die mich "total süß" finden, mir dabei in die Nase zwicken wollen oder an der Rute ziehen. Lieber sich nicht solche Liebesbeziehungen angedeihen lassen, sie gehen meistens doch nach hinten los.
 
Ja, und auch noch das. Wenn ich denn ein Bedürfnis habe, wohin damit? Also, verkneifen, ist nicht gerade angenehm. Wenn ich rechtzeitig vorher gewusst hätte, dass es auf den Markt ginge, dann hätte ich mich ja auch rechtzeitig diesbezüglich bemerkbar gemacht , aber wie erfahre ich es rechtzeitig? Die Verantwortlichkeit liegt da schon eindeutig bei Frauchen. Und die kümmert sich in der Regel schon, nur in Ausnahmefällen nicht und was dann?
 
Daher meine Bitte: Ich wünsche mir andere, bessere Perspektiven!
 
Unlängst wurde ich in den Zoo mitgenommen. Welches Tier erregte wohl meine besondere Bewunderung? Nein, es war nicht das niedliche Bärenkind, es war die Giraffe!
 
Können Sie mich verstehen?


W. "Atze" Altekrüger

Blankeneser Autor


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